Hallo meine Lieben,
heute schreibe ich euch endlich diesen Beitrag. Er stand bestimmt schon 10x auf meinem wöchentlichen Plan, dennoch habe ich mich jedesmal davor gedrückt. Warum? Weiß ich ehrlich gesagt selbst nicht genau. Aber manchmal muss man all die Emotionen und Erlebnisse, welche in solchen Diagnostikphasen auf einen einprasseln, erstmal auf sich wirken lassen.
Doch nun ist es fast ein halbes Jahr her, dass ich euch in dem „Autismus – alles auf Anfang“ Beitrag, von Fünnis Autismus Verdacht berichtet habe, also wird es höchste Zeit für dieses Update.
Ein Anamnesegespräch ist kein Frisörbesuch, erstmal muss die Vorarbeit geleistet werden
Wie im vorangegangen Bericht, geschrieben haben wir uns mit dem Autismusverdacht, im März an die LVR Kliniken in Bonn zur genaueren Diagnostik gewand. Nach einer gefühlten Ewigkeit bekamen wir dann per Post zwei Vorstellungstermine, mit der Bitte und telefonische Bestätigung. Der erste dieser Termine sollte Nachmittags am 28.Juni stattfinden. Natürlich genau zu der Zeit, wo der Große für gewöhnlich aus der Schule kommt.
Läuft wie immer Prima bei uns, oder?
Wie auch immer. Der Große ist seither stolz wie Bolle weil er nun einen eigenen Hausschlüssel hat und wir fleißig geübt haben diesen zu benutzen. Denn mit einer eingeschränkten Feinmotorik ist das eine kleine Herausforderung. Diese hat er aber mit Bravour gemeistert und wurde, stolz wie Bolle unter Applaus von Mama und Papa am ersten Übungstag im Flur empfangen.
Doch zurück zu Fünni.
Neben den beiden Terminen für die Vorstellungs- / Anamnesegespräche in der Klinik, wurde in einem weiteren Absatz um das mitbringen einer aktuelle Überweisung für das laufende Quartal, Berichte zu bisherigen Therapien, Diagnosen und Förderungen, sowie dem Mutterpass und das U-Heft gebeten. Außerdem gab es noch einen Fragebogen zum Ausfüllen. Mein Rat an alle Mütter, schreibt euch jeden noch so kleinen Meilenstein zu eurem Baby auf, denn wenn ihr in eine solche Situation kommt, wollen die Ärzte wirklich alles zur Entwicklung wissen, was es nur zu wissen gibt. Auf diesen Fragebögen werden Fragen gestellt, wie:“Wann hat ihr Kind das erste mal bewusst gelächelt?“ Ehrlich, auch beim zweiten Kind, kann ich diese Frage nicht beantworten. Man kann das Baby schließlich schlecht fragen, ob es denn nun bewusst lächelt, weil es sich freut die Mama vorm Gesicht hängen zu haben, oder ob es doch bloß ein unbewusstes Engelslächeln ist… tja… dieses Feld im Fragebogen blieb also leer.
Jedoch habe ich, wohlweislich für jedes Kind einen Ordner angelegt, in dem ich alles an Diagnosen, Berichten und Bescheinigungen einsortiere. Somit hatten wir die aktuellen ärztlichen und therapeutischen Berichte zur Hand und musste nur noch in der Kita nach aktuellen Entwicklungs- und Auffälligkeitsberichten fragen. Deren Einschätzung ist in meinen Augen wichtig, immerhin verbringen sie fast jeden Tag mehrere Stunden mit dem Kind und haben nochmal ein etwas unbefangeneres Auge für die einzelnen Auffälligkeiten. Wir als Eltern haben natürlich ebenfalls einen Bericht vorbereitet und kamen damit schon auf 1,5 DIN A4 Seiten. Der Kiga wiederum hatte einen 3 seitigen Entwicklungsstandsbericht für diesen Termin geschrieben. Wow!
Einige werden sich jetzt wundern, warum wir solch einen Aufwand, für ein Vorstellungsgespräch betreiben. Dies hat drei Gründe. Für diese Berichte sind euch die Ärzte zum einen sehr dankbar, weil sie sich somit schon mal aus unterschiedlichen Perspektiven einen Eindruck von dem Kind machen können. Es zeigt das ihr nicht einfach nur übervorsichtige, Gespenster sehende Eltern seid und beschleunigt das ganze Prozedere der Diagnostik etwas.
50 Shades of Fünni
Selbstverständlich wollen die Ärzte beide Elternteile zu solchen Terminen sehen. Männe hat sich also den halben Tag Urlaub genommen und wir fuhren vollgepackt mit Wickeltasche, dem besagten „Fünni Ordner“ , Fünni selbst und flauem Margen zum Termin nach Bonn.
Ich habe dieses ganze Diagnostikgefühlschaos nun schon einmal mit dem Großen hinter mich gebracht, und wir gehen wirklich positiv mit dieser Diagnose um, dennoch habe ich auch beim Kleinen aktuell jedesmal Steine im Margen wenn es zu solchen Terminen mit ungewissen Ausgang geht. Es sind einfach sehr tragende Termine. Immerhin bestimmen sie seine gesamte weitere gesundheitliche Laufbahn.
Wie dem auch sei, wir wurden von einem Kinderarzt und einer Logopädin freundlich in Empfang genommen und in die obere Etage zu Gespräch geleitet. Und schon auf dem Weg dorthin, konnte der Arzt sich einen mini kleinen Eindruck von Fünni machen. Der Arzt fragte ihn nämlich ob er lieber Treppen steigen oder Fahrstuhl fahren möchte. Fünni kann aber nur Ja-Nein-Fragen beantworten. Daher war Fünnis Antwort auf diese Entweder-Oder-Frage ein einfaches „Ja“.
Das eigentliche Gespräch lief dann so ab, das Männe und Ich uns mit dem Kinderarzt und der Logopädin über die einzelnen Entwicklungsstände, bisherige Diagnostiken und Förderungen unterhielten, und gemeinsam die Berichte durchgingen. Fünni konnte sich derweil im Raum frei bewegen und spielen. So konnten die Ärzte nebenbei direkt noch einen Eindruck von ihm und seinen unbeinflussten Verhaltensweisen bekommen. Fünni war in der Hinsicht auch wirklich zeigefreudig. Erst war er überglücklich und spielte mit einem Filly Ponyschloss, welches er gefühlte 1000x auf und zu machte, ohne sich irgendwie stören oder ansprechen zu lassen. Dann plötzlich sah er auf dem Schrank ein kaputtes Laufrad, welches er unbedingt haben wollte und bekam prompt einen Wutausbruch. Anschließend stellte er auch direkt seine nicht vorhandene Gefahreneinschätzung zur Schau in dem er auf die Untersuchungsliege kletterte um sich dann vor unser aller Augen einfach wie ein Brett fallen zu lassen. Er fand das lustig. Wir waren erschrocken.
Aber ich denke dieser kleine Anriss unserer 1,5 Stunden Gespräch, zeigen euch schon ausreichend, dass die Ärzte unseren Autismusverdacht ausreichend geteilt haben und eine große Diagnostik mit ihm machen wollen.
Autismus Diagnostik: ja, aber in welchem Rahmen?
Bereits beim erster unserer zwei Termine war also klar, dass Fünni eine große Autismus Diagnostik durchlaufen soll. Aber wie sollte diese nun aussehen? Immerhin haben wir ja in einem anderen SPZ schon diverse 45 Minuten Termine gehabt. Diese liefen fast ein Jahr, ohne Ergebnis. Dafür aber mit viel Stress und Spritkosten.
Nun, in Bonn haben wir direkt eine zweite Variante der Diagnostik ermöglicht bekommen. Nämlich stationär. Statt vieler Einzeltermine über Monate hinweg, wird hier ein 5 Tages Aufenthalt von Kind + Eltern eingeplant. Während dieser Tage können dann Möglichkeiten des Kindes angepasst, Testungen und Beobachtungen gemacht werden. Man hat uns auch direkt die Station im Rundgang gezeigt. Kurz zusammengefasst: 70er Jahre Jugendherbergenschick Zimmer, mit einem Fernsehr, angeschlossenem Badezimmer und einem Gemeinschaftsaufenthaltsraum + Küche und kleiner Dachterrasse. Nein, Internet gibt es keins 😉
Wir bekamen sogar die Möglichkeit, dass wir alle gemeinsam die 5 Tage dort verbringen könnten. Papa Mama, Fünni und der Große. Dieses Szenario, hat in meinem Kopf jedoch keine 10 Sekunden bestand gehabt. Fünf Tage, mit zwei Autisten, außerhalb ihrer gewohnten Routinen, in einem Raum? Das würde niemals klappen. Obendrein würde der Große eine Woche Unterricht verpassen. Wir bekamen eine Woche Bedenkzeit und ich verließ diese Station mit gemischten Gefühlen. Einerseits war klar, das die stationäre Diagnostik wahrscheinlich die erfolgsversprechendere und emotional leichtere Version für Fünni war. Auf der anderen Seite, trage ich auch die Verantwortung für den Großen. Für seine geregelten Tagesabläufe, für seine Routinen, für seine Therapien. Ich hatte das Gefühl mich für eines meiner Kinder entscheiden zu müssen. Es kam mir vor als müsse ich wählen welchem Kind ich als Bezugsperson zur Seite stehe. Als würde ich eines meiner Kinder im Stich lassen müssen. Furchtbar. Aber im Nachhinein betrachtet, ist das völlig übertrieben. Immerhin ist die Klinik poplige 20 Minuten von zu Hause entfernt und keines unserer Kinder wird allein sein. Fünni wird mit Papa die 5 Tage in der Klinik All inclusiv verbringen. (Tut dem Papa bestimmt noch ganz gut, wenn er mal eine Woche nicht 24/7 für Arbeit und Feuerwehr erreichbar ist). Ich werde dafür Sorgen, dass der Große derweil seine geregelten Abläufe behalten kann.
Ihr seht. Es geht voran mit Fünni, sogar mit ziemlich großen Schritten, denn schon in zwei Wochen ist es soweit. Wir gehen zwar schon davon aus, das sich der Autismusverdacht bestätigen wird, aber in welchem Rahmen seine ASS (Autismus-Spektrums-Störung) fallen wird, also ob Asperger, frühkindlicher Autismus, oder atypischer Autismus, gepackt wird, dass bleibt auch für uns noch die große Überraschung. Aber ich werde es euch berichten, vielleicht wird Männe sogar einen Beitrag zu seiner Erfahrung vor Ort verfassen. Abwarten.
Aber da Männe und Fünni in Bonn auch nicht auf der Station eingeschlossen werden, hat ja vielleicht jemand einen guten Tipp wo die zwei etwas leckeres Essen gehen können, oder so?
Jenny siebentaler meint
WOW ein toller Bericht ist und ich dir nur trotzdem alles Liebe und Gute mit den Kindern wünsche und ich dir nachfühlen kann,denn meine Maus von nun 8 Jahren hat auch das hinter sich und ich selbst habe es nun auch schwarz auf weiß,das sie an „Frühkindlichen Autismus“ leidet!
Und ich bin auch froh das sie in die Schule geht auch wenn sie ein Jahr zurück gestellt wurde davon- denn der Kindergarten war für Sie ,weniger für mich jedoch immer ein großes Martyrium!
Nun geht Sie schon in die 2 Klasse und hat nun endlich die Passende Schulbegleiterin an der Hand wie es in der ersten Klasse leider nicht der Fall war! Und sie macht sich mega stark dort und jeder akzeptiert und unterstützt sie auch.
Zudem sind natürlich immer wieder die laufenden Hilfeplan Gespräche und allgemein die Schulischen Leistungs Termine in der Schule und auch die extra Termine mit unseren Professor daheim notwendig doch so passt es einfach auch wenn ich nicht immer Lust auf dieses ganze Durchkauen und analysieren habe!
VLG Jenny