Hallo meine Lieben,
allgemein Betrachtet war der Oktober, neben den Bastel- und Rezeptbeiträgen recht ruhig auf dem Blog. Das liegt daran, dass wir hinter den Kulissen damit beschäftigt waren uns mit der Stadt, der hiesigen Schule, der Inklusion und der 2018 anstehenden Einschulung von Fünni auseinander zu setzen.
Denn, wie alle Eltern unserer Gruppe (unsere Kita arbeitet mit einem altershomogenen Konzept), haben auch wir kurz nach den Sommerferien einen Brief der Stadt, mit der Aufforderung der Schulpflicht unseres Sohnemanns nachzukommen und ihn in einer der umliegenden Schulen anzumelden, im Briefkasten gehabt.
Dem Schreiben anbei lag eine Liste mit allen umliegenden Grundschulen. Naja, fast allen. Denn, es waren ausschließlich Regelschulen dort aufgelistet. Dazu gab es auf der Rückseite dann den kleinen Vermerk, dass im Rahmen der Inklusion auch Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen auf den umliegenden Regelschulen angemeldet werden sollen.
Uff… ich hämmerte sofort auf meinen innerlichen Panicbutton.
Fünni auf eine Regelschule?
Mit seinen Special Effects?
Hier könnt ihr gerne genauer nachlesen von welches Special Effects ich spreche, aber grob überschlagen: Er ist ein frühkindlicher Autist, mit geistiger und sprachlicher Behinderung. Hinzu kommen Inkontinenz, Weglauftendenzen, keinerlei Gefahrenerkennung, mangelnde Frustrationstoleranz mit einhergehendem selbstverletzendem Verhalten, Knick-Senk-Spreizfüße etc…
Mein Sohn hat einen Grad der Behinderung von 100%, gilt als Hilflos, auf Begleitung angewiesen und als Gehbehindert.
Von aktuell 5 Pflegegradeinstufungen hat er den Pflegegrad 4.
Wir waren uns noch gar nicht sicher, ob wir ihn überhaupt kommendes Jahr einschulen lassen wollen. Aber eine Einschulung auf einer Regelschule stand für uns überhaupt nicht zur Diskussion.
Das wäre schlicht unmöglich zu stemmen. Überall an den Schulen fehlt es an Personal. Aber zusätzlich sollen Kinder mit erhöhtem Förderbedarf dort untergebracht werden. Sonderpädagogen sind in diesen GU Klassen, teilweise nur für 2 Stunden pro Woche eingeteilt. Das widerspricht sich doch eigentlich schon selbst.
Nicht nur pädagogisch ist dies aus unserer Sicht nicht machbar, auch pflegerisch versagt die hiesige Grundschule an der Stelle. Immerhin haben wir es beim großen Bruder, der zwei Jahre die hiesige Regelschule besucht hat gesehen. Es stehen nicht ausreichend Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Integrationshilfe konnte ihn zum Windelwechseln, nicht aufs Klo begleiten, weil sie als Frau nicht aufs Jungsklo begleiten durfte. Andere geeignete Waschräume zum Windelwechseln, standen jedoch auch nicht zur Verfügung. Der Große musste sich damals vormittags die Windeln in einem Raum leeren Raum der OGS wechseln. Gut das er nachmittags keinen Unterricht hatte, denn dann wäre das Wechseln ja gar nicht mehr Möglich gewesen.
Was den Schwimmunterricht angeht, wurde er trotz spezieller Inkontinenzbadehose komplett ausgegrenzt. Er durfte nicht mit in die Schwimmhalle und musste stattdessen, als autistisches Kind in eine andere Klasse – in der er sich nicht zugehörig fühlte – in den Sportunterricht.
Ja, man kann sagen, wir haben unsere Erfahrungen mit Inklusion und Regelschule gemacht.
Natürlich ist die Inklusion ein schöner Gedanke und ich bezweifel nicht, dass sie für viele Kinder mit Föderbedarf funktioniert, für meine Kinder, nach unserer Erfahrung nicht.
“…Aber im Rahmen der Inklusion müssen alle Kinder an Regelschulen eingeschult werden…”
Gut, das bei der Aufforderung zur Anmeldung eine Telefonnummer der Sachbearbeiterin mit dabei stand an die man sich gerne bei Rückfragen wenden könnte. Diese habe ich dann auch prompt angerufen und mich ein bisschen dumm gestellt. Immerhin standen auf der Liste ja nur Regelschulen, und wir wollten für unseren Sohnemann lieber gleich ein AOSF Verfahren, zur Bestimmung des Förderschwerpunktes auf einer Förderschule anmelden.
Nein, wie schon im Schreiben zu lesen sei, müssten nun auch Kinder mit geistigen und körperlichen Behinderungen an Regelschulen angemeldet werden.
Selbst als ich der Dame, mal eben die Special Effects in Masse runtergeleihert habe, wich sie von dieser Meinung auch nicht ab.
Es sei ganz verständlich, dass ich mir als Mutter sorgen machen würde. Aber die Rektorin der hiesigen Grundschule sei “sehr bemüht”.
Sehr bemüht?
Von sehr bemüht kann ich mir hier nichts kaufen. Es ist immerhin die Rede von eben dieser Schule auf der wir bereits unsere Erfahrungen gemacht haben.
Genau dies, sagte ich dann auch der Dame am Telefon. Sehr bemüht, stellt die Pflege meines Sohnes leider nicht sicher!
Ja, also wenn ich ihn absolut nicht an der hiesigen Schule anmelden wöllte, könnte ich ihn ja an der Regelschule im benachbarten Stadtteil anmelden. Aber im Rahmen der Inklusion müssen alle Kinder an Regelschulen angemeldet werden, dort würde dann Testweise für ein paar Wochen geguckt, ob es klappt und dann könnten die Kinder mit Förderbedarf ggf. auf eine Förderschule wechseln.
Ich war platt!
Mein Sohn sollte also erst frustriert scheitern, ehe man ihm erlaubt eine Schule zu besuchen, die seinen speziellen Ansprüchen gerecht wird. Dies sollte seine erste schulische Erfahrung sein?
Noch am Telefon sagte ich der Dame dass ich dies nicht zulassen würde. Ich würde meinen Sohn hier nicht anmelden.
Nächste Anlaufstelle Kreisschulamt
Da die Stadt sich an der Stelle komplett quer stellte, war unsere nächste Anlaufstelle das Kreisschulamt.
Glücklicherweise hatten wir aus unserer Erfahrung mit dem Großen, dort den Kontakt zur Schulamtsdirektorin. Als mein Mann ihr Fünnis aktuellen Entwicklungsstand schilderte, hat auch sie auf Anhieb eingesehen das er auf einer Regelschule zum scheitern verurteilt wäre und war prompt auf unserer Seite.
Sie würde sich ab sofort um Finns Einschulung kümmern und falls sich die Leute von der Stadt nochmal bei uns melden würden, sollten wir sie einfach gleich an sie weiterverweisen.
Sie erörterte mit uns mögliche Förderschulen für Finn und gemeinsam konnten wir für seine Special Needs die passende Schule auswählen und haben uns diese auch gleich am selben Tag noch ansehen dürfen. Männe und Ich waren uns auf Anhieb einig. Unsere von der Schulamtsdirektorin empfohlene Schule ist perfekt für unseren Finn.
Diese Schule hat alle Möglichkeiten vor Ort und er würde nirgends ausgeschlossen. Es gibt ein Hauseigenes Schwimmbad wo er trotz der Inkontinenz mit spezieller Badehose teilnehmen darf. Die Turnhalle ist mit einem Airtramp zum Gas geben ausgetattet. Aber es gibt auch Snoozle und Ruheräume zum runter kommen. Es gibt eine Küche in der die Schüler in Kleingruppen kochen können und es werden Alltagskompetenzen trainiert wie z.B. gemeinsames einkaufen. Alles ist eingezäumt und abgesichert. Es gibt Ergotherapeuten und Logopäden im Haus, die ihn zusätzlich Fördern und Betreuen können und wo die Kommunikation dann kein Problem darstellt.
Kurz und knapp, es passt wie Arsch auf Eimer!
Dort kann er sich nach seinen Möglichkeiten entwickeln und muss die Schule nicht erst als etwas frustrierendes Erleben, das er nicht bewältigen kann.
Inzwischen haben wir sowohl vom Kreisschulamt, als auch von der Förderschule schriftlich das Fünni ” im Rahmen der Inklusion ” nicht zwangsweise auf einer Regelschule eingeschult wird, sondern wir privat, vorab das AOSF Verfahren zur Förderschwerpunkt Bestimmung durchführen lassen dürfen. Wir warten aktuell nur noch auf das Ende der Herbstferien um ihn dann offiziell an einer Föderschule für geistige Entwicklung an zu melden.
Bin ich generell gegen Inklusion?
Nein. Das bin ich nicht. Im Gegenteil. Ich denke dass die Inklusion ein hübscher rosa roter Gedanke ist. Aber aktuell ist sie leider genau das. Ein hübscher Gedanke, der leider übers Knie gebrochen wird. Für ein solches Projekt wie die Inklusion besonderer Kinder in Regelschulen braucht es viel mehr Zeit. Es braucht mehr Personal, und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse abgestimmte Räume. Die Schulen sind generell komplett überfüllt. Fast überall herrscht Lehrermangel, dennoch werden immer mehr Schüler mit unterschiedlichen Anforderungen in eine Klasse gepackt.
Man kann meiner Meinung nach keine inkontinenten beschulen, wenn man keine passenden Wickelräume mit Dusche für eben jene zur Verfügung hat. Ein paar Rampen am Eingang machen eine Schule noch nicht behindertengerecht.
Um die Inklusion von einem rosa roten Gedanken zur Realität werden zu lassen, bedarf es meiner Meinung nach, einfach noch mehr Personal, Räumlichkeiten und auch dem nötigen Geld um diese zu finanzieren.
Aber von heute auf morgen zu sagen: Wir schaffen jetzt die Förderschulen ab und betreiben gemeinsamen Unterricht, ist der falsche Weg.
Sabienes meint
Man stellt sich Inklusion ja als so einfach vor. Vielleicht mit einem kreuzbraven Kind, das lediglich schwer hört und schlecht sehen kann.
Ein autistisches Kind in eine Klasse mit gestresstem Lehrer und dadurch vielleicht auch gestessten Schülern zu stecken, schadet wohl allen Beteiligten.
Viel Glück für euch!
LG
Sabienes
Sarah meint
Hallo,
erschreckend sowas zu lesen. Für jeden normaldenkenden Menschen hätte von Anfang an klar sein müssen, dass eine normale Grundschule dafür nicht ausgelegt ist.
Ich bin mir selbst uneins beim Thema Inklusion. Ich studiere Lehramt an Gymnasien, aber auch auf uns wird diese Aufgabe früher oder später zukommen. Und was lernen wir im Studium darüber? Nichts. Bisher wurde nicht mal auf die “normalen” Lernschwächen wie Legasthenie und Dyskalkulie eingegangen, die ja noch weitaus häufiger vorkommen. Klar gibt es die Sonderpädagogen mit denen wir gemeinsam studieren, aber auch als Standardlehrkörper sollte man zumindest Ansätze zur Förderung und zur Hilfe kennen. Besonders, da wie du sagtest, die Sonderpädagogen auch nicht immer zur Verfügung stehen.
Vielleicht sträube ich mich innerlich aber auch ein wenig gegen die Inklusion an Regelschulen, da ich auch kein Fan der Gesamtschule bin (ich werde eines meiner Masterpraktika hoffentlich an einer machen können. Vielleicht kann man mich da noch umstimmen) geschweige denn, dass Eltern komplett entscheiden können, auf welche der drei weiterführenden Schulform sie ihre Kinder schicken können. Ich habe in meiner eigenen Schulzeit zu oft gesehen, wie Mitschüler mit Realschulempfehlung am Gymnasium untergegangen sind und mitgeschleift wurden, nur weil ihre Eltern nicht einsehen wollten, dass ihre Kinder das Gym einfach nicht packen und auf der Realschule wahrscheinlich glänzen würden.
Meine Angst ist, dass es bei der Art wie die Inklusion momentan vorangetrieben wird, genauso enden wird. Mit frustierten Schülern, die von Staat und Eltern auf eine Regelschule geschickt wurden, aber bei den Anforderungen nicht mithalten können.
Insgesamt wünsche ich mir einfach mehr Vorbereitung für uns als Lehrpersonal auf diese Aufgabe und mehr Realismus von der Politik, dass man so etwas nicht übers Bein brechen kann und jedes Kind hier als Einzelfall behandeln muss und nicht als eine einheitliche Masse.
Liebe Grüße,
Sarah
Claudia meint
Ohje ich drück euch die Daumen ?
influ meint
Vielen Dank <3
Martina von Jolinas Welt meint
Das ist zwar von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, doch da ich auch mit vielen Eltern mit Kindern mit Down Syndrom zu tun habe, weiß ich, dass die sogar dafür kämpfen müssen an die Regelschule zu dürfen, also hat euer Schulamt etwas total falsch rüber gebracht und den Zwang zur Inklusion gibt es in keinem Bundesland.
Wir mussten Jolina natürlich auch als ersten Schritt hier erst mal als Schulkind anmelden, das passiert an der ortsansässigen Grundschule in der Schuleingangsuntersuchung wird nicht nur die Schulreife untersucht, sondern auch ob Förderbedarf besteht, dann wird eine Schulempfehlung ausgesprochen, besser ist man sucht sich seine Lieblingsschule aus, nimmt Kontakt auf und lässt sich vormerken, damit es auch klappt und Platz ist.
Es läuft nämlich ganz oft umgekehrt, die, die Inklusion wollen müssen dafür kämpfen.
Ich drück die Daumen für die Wunschschule und verlasse dich nicht auf die Aussage von Leuten bei der Verwaltung, die sich oft gar nicht auskennen, ich kann hier ein Lied singen.
Wir mussten auch durch so einen bekloppten Inteligenztest für die I-Kraft und die Rückstellung und überhaupt und ganz oft bekommt man falsche Aussagen, weil die Leute es nicht besser wissen 🙁
influ meint
Ja, bis zu diesem Erlebnis, dachte ich auch, dass dieser Kampf nur andersrum von statten geht und man sich quasi dafür Einsetzen muss, dass das I.Kind auf eine Regelschule darf.
Nein, wir sehen, das Chaos funktioniert andersrum genauso schlecht.
Erst gestern war ich noch beim städtischen Schulamt und haben denen etwas schriftliches vorbeigebracht weil sie mir zwischenzeitig mit einem 1000€ Bußgeld schon drohten, weil mein Kind ja nicht angemeldet sei.
Dort erklärte die Sachbearbeiterin mit dann erneut, dass sie das in dem Verfahren, Förderschule von Anfang an überhaupt nicht kennen würde. Es sei gang und gebe, dass die Kinder erst Probehalber auf einer normalen Grundschule angemeldet würden und man dort dann guckt wie es klappt und ggf. ein AOSF Verfahren einleite um einen Föderschwerpunkt zu ermitteln.
Nö. Wir machen jetzt unser eigenes AOSF mit der Förderschule der benachbarten Stadt 😛
Eine Zeit habe ich ja sogar überlegt ihn noch ein Jahr zurückstellen zu lassen, wie ihr mit Jolina. Aber seine Heilpädagogin meinte, dass wir ihm damit keinen Gefallen täten, er würde im Kiga sich zu sehr langweilen dann.
Wir warten mal ab und sind gespannt!
Nike - JerrysWelt meint
Ooooh ich kann dich so gut verstehen und bin da auch absolut bei dir! Jerry hat ja auch viele “Special Needs” … und ihm geht es an der Förderschule so gut ! Es kam für uns nur eine inklusive Schule in Frage (und da wusste ich das es dort klappt , da ich dort schon gearbeitet habe ) aber dort war es aktuell von der Klassenkonstellation eher schwierig! Es wurde uns eins Platz für das daraufkommende Jahr zugesagt! Problem , er wurde schon 2 mal zurückgestellt und MUSSTE zur Schule ! Also erstmal auf unsere hiesige Förderschule (mit super ruf ) und unsere Pläne haben sich ganz schnell erledigt ! Er hat solch krassen Fortschritte innerhalb kürzester Zeit gemacht ….und so toll die Sopie-Scholl-Schule in Gießen ist … das hätten Sie so nicht hinbekommen (und das sag ich als Fan von dieser Schule ) und er geht mittlerweile in die 3.klasse
Ihr habt das richtig gemacht ??
Lg Nike
Rebecca meint
Vielen Dank für diese reflektierte Schilderung! Ich bin GS-Lehrerin an einer Regelschule und stimme Ihnen vollkommen zu. Der Gedanke der Inklusion ist bestimmt ein Guter, aber fernab von der Realität. Als Regelschullehrer muss man die Kinder am Ende der 4. Klasse möglichst gut vorbereitet haben. Inklusiv geschulten Kindern dabei gerecht zu werden, ist nicht leicht, vorallem weil wir nicht gelernt haben, wie man mit den Beeinträchtigungen richtig umgeht. Dafür gibt es qualifizierte Förderschullehter, die aber nur wenige Stunden die Woche mal in die Klasse kommen. Von den meist absolut unfähigen Inklusionshelfern, die oft mehr stören, als Helfen, wollen wir gar nicht erst sprechen.
Ich freue mich, dass Sie eine passende Schule für Finnn gefunden haben, die ihn angemessen beschulen kann und finde es toll, dass Sie das so hartnäckig verfolgt haben, denn ich finde es auch nicht schön, wenn der Schulbeginn gleich mit Frust beginnt, weil man den Anforderungen nicht gerecht werden kann.
Petra meint
Ich bin Erzieherin und erlebe in unserer Kiga-Gruppe, dass bei allen gut gemeinten Inklusiv-Bemühungen die betroffenen Kinder mit Ihren Bedürfnissen auf der Strecke bleiben. Sie sind Außenseiter, haben keine adäquaten Spielpartner, keine Freunde. Sie können nicht mithalten, werden von den anderen Kindern gemieden, erleben mehrmals täglich Ablehnung . Das ist für die Kinder sehr traurig. Wir Erzieher bemühen uns sehr um die Kinder und versuchen alles, damit die Betroffenen gut in der Gruppe integriert werden, bekommen aber selbst kaum Hilfestellungen. Macht Inklusion da Sinn? Diese Kinder sehen tagtäglich, was sie nicht können und tingeln allein durch den Tag. Wäre eine Fördereinrichtung mit sonderpädagogischem Fachpersonal nicht eher geeignet? Mit Kindern, die ähnliche „special effects“ haben und die Spielpartner und Freunde werden können?
Yvonne meint
Inklusion ist was tolles!
WENN es richtig umgesetzt wird.
Wenn ich mir die “Inklusion” (sorry, mir fällt grad kein besseres Wort ein) meiner Tochter anschaue, wird mir anders, wenn es um Kinder mit echten (!!) Problemen geht.
Meine Tochter hat NUR eine Rechenschwäche, eine Rechtschreibstörung, hat eine Teilhochbegabung im sprachlichen Bereich und ihr IQ liegt im Bereich der Begabung.
Die Lehrer kommen mit ihr nicht klar, es wurde mir auch schon negativ ausgelegt, das sie zu einem Heilpädagogen geht. Dort hat sie ihre Lerntherapie, weil die Schule es nicht hinbekommt ihr das Rechtschreiben und rechnen richtig nahe zu bringen.
Freunde hat sie auch nicht wirklich, sie interessiert sich einfach nicht für “normale” Pausenhofthemen ihrer gleichaltrigen Mitschüler, da sie vom Kopf/denken her schon gute 5 Jahre älter ist.
Ich hoffe das es ab der 5. Klasse besser wird, wir haben eine Schule gefunden mit einem tollen Rektor der alles tut um jedem Kind so gut wie möglich gerecht zu werden…
influ meint
Sorry, dass ich erst heute Antworte, aber wir sind aktuell im Urlaub 😉
Dennoch: Ja, Inklusion ist ein guter Gedanke. Aber es hapert an allen Ecken an der Umsetzung. Einige scheinen immer noch der Meinung zu sein, eine Rollstulrampe vor die Tür zu bauen, sei Inklusion. Aber die Bedürfnisse sind so individuell, dass den Schulen dies gar nicht bewusst ist. Beim Großen, haben wir es 2 Jahre versucht ihn als I-Kind auf die Regelgrundschule zu schicken. Einen Nebenraum zum “runterkommen” oder “konzentrierten” Arbeiten stand nicht zur Verfügung. Stattdessen wurde mit Absperrband ein Carree im Schulflur mit einem Tisch und Stühlen arrangiert. Wenn es also in der Gruppe nicht klappte, wurde er wie ein Kind dass sich nicht benommen hat, rausgeworfen auf den FLur. Ruhiger war dieser aber natürlich auch nicht, dort war immer Betrieb. Da seine Schulbegleitung als Frau nicht mit aufs Jungsklo durfte, musste er sich seine Windeln in einem leeren Klassenraum wechseln. Trotz Inkontinenzbadehose wurde er vom Schwimmunterricht ausgeschlossen – das sei zu gefährlich. Also wurde er als autistisches Kind in eine andere Klasse gesteckt um dort in der Zeit am Sportunterricht teilzunehmen.
Das war eine harte Zeit für uns mit vielen Tränen. Das was dort als Inklusion verkauft wird, glich teilweise schon ehr der Diskriminierung. Nach zwei Jahren haben wir ihn auf eine Förderschule mit spezieller Autismusklasse wechseln lassen. Für ihn war es das Beste was wir tun konnten.
Bei seinem kleinen Bruder, wollten wir die gleichen Fehler nicht wiederholen und haben uns bereits zur Einschulung bewusst gegen die Inklusion an einer Regelschule entschieden. Auch dort war es immernoch die richtige Entscheidung. Er besucht nächste Woche die zweite Klasse einer Förderschule für geistige Entwicklung, und je nachdem wie gut er im nächsten Jahr aufholt wechselt er dann auf die Föderschule, die auch sein Bruder besucht hat. Wir werden es sehen. Ohne Druck.
Ich kann dir nur raten, höre auf dein Kind und dein Bauchgefühl, erst danach auf die Empfehlungen der Lehrer. Das deine Tochter einen Heilpädagogen besucht, kann ihr nur gut tun! Dieser ist in der Lage, ganz individuell auf ihre Bedürfnisse einzugehen! Das ist etwas, das die Lehrer im Schulalltag leider nicht leisten können. Die Kinder sind dafür viel zu unterschiedlich und der Lehrplan viel zu straff gestrickt.
Ich drücke euch die Daumen, dass es in der 5. Klasse dann wirklich besser wird für deine Tochter und sie schnell Anschluß findet.
Liebe Grüße,
Beate
Uschi meint
Inklusive heißt, dass jeder Mensch dazugehört. Leider ist aber unser Schulsystem ( ich bin selbst Förderschullehrerin) überhaupt nicht darauf eingestellt, Kinder zu unterrichten, die nicht in die „Norm“ passen. Das betrifft im übrigen auch Kinder, die z. B. hochbegabt sind. Die derzeitige Regelung lässt immer wieder alle Beteiligten (Eltern, Lehrerinnen, alle Kinder in der Klasse) alleine, was zu vielen Frustrationen führt. Diese Erlasse wurden von Menschen gemacht, die von Pädagogik, menschlichem Miteinander, sinnvollen Klassengrößen etc. leider nur wenig bis keine Ahnung haben.