Hallo ihr lieben Menschen vor den Bildschirmen,
Knapp 3 Monate war es nun wieder still, hier auf unserem Blog. Die meisten wissen mittlerweile, wenn es auf dem Blog still wird, kickt das Leben selbst einfach zu sehr rein und ich konzentriere mich erstmal darauf, diese Herausforderungen zu bewältigen, ehe ich irgendwas halbgares Poste.
Heute wird es nochmal Autismusspezifisch und sehr Speziell. Denn wir sind auf viele Fragezeichen an den zuständigen Stellen gestoßen als wir „hoppla hopp“ den Förderschwerpunkt für Johnny zurück bekommen mussten. Dies ist wohl ziemlich ungewöhnlich 🤷🏻♀️ und an vielen Stellen wurde uns gesagt, dass wir dafür ein komplett neues AOSF Verfahren (<– Hier habe ich euch Fünnis AOSF Verfahren damals beschrieben) durchlaufen müssten, oder dass man ihn gar nicht zurück erhalten könne.
Dies ist de Facto nicht so, denn Johnny hat seinen Förderschwerpunkt nun wieder und wird kommenden Sommer auf einen Förderberufskolleg mit Internatsanschluss wechseln. Aber, fangen wir am Anfang an.
Damit hätte vor dem Wechsel ins Förderschulsystem niemand gerechnet
Letztes Jahr im Sommer hat Johnny einen großartigen Abschluss mit der Qualifikation für die Oberstufe erhalten. Auf dem Zeugnis gab es keine Note schlechter als „befriedigend“ also 3. Davon hätte ich damals Träumen können. (Fun Fact: Ich hab mein Q damals nur durch eine Nachprüfung in Deutsch zum Thema Journalismus erhalten).
Bei seiner Integrationsberufsberatung wurden ihm mehrere Möglichkeiten für den weiteren Werdegang zur Wahl gestellt.
- Oberstufe an einer Gesamtschule oder Gymnasium
- Fachabi an einem Regelberufskolleg
- Fachabi an einem Förderberufskolleg mit Internatsanschluss – weil nicht im direkten Umkreis vorhanden
- der Beginn einer Ausbildung
Er entschied sich für das Fachabi an dem Regelberufskolleg in der direkten Umgebung. Mein Bauchgefühl, sagte mir zwar schon, dass dies nicht die Beste Entscheidung für ihn sei, aber es war SEINE Entscheidung. Er war zu dem Zeitpunkt 16 Jahre und natürlich entscheiden wir dann nicht mehr über seinen Kopf hinweg. Auch als Autist muss er eigene Entscheidungen treffen können mit dem Wissen, dass wir als Eltern ihm den Rücken stärken und hinter ihm stehen.
Wir geben unseren Kindern Flügel zum Fliegen…
Also wechselte er letzten Sommer aus einer unter 20 Schülern Miniförderschulklasse mit Sonderpädagogen als I-Schüler auf den Regelberufskolleg in eine 30 Schüler starke Klasse. Die Lehrer waren zwar super engagiert und offen Johnny gegenüber, aber er stürzte vom 2er Schüler trotz Nachteilsausgleich auf einen 5er Schüler ab.
Er fand keinen Anschluss zu den anderen Schülern. Für sie war er der komische, der schrullige, der der sich raustut wenn die anderen Schüler den Inhalt des Mülleimers (Ja, wir sprechen von einer 11. Klasse) durch den Klassenraum wirft. Johnny ging es dabei zusehends schlechter. Sowohl mental als auch körperlich. Er klagte immer wieder über Kopf- und Bauchschmerzen und verließ frühzeitig den Unterricht um frische Luft zu schnappen und für sich sein zu können.
Das alles passierte unglaublich schnell. Wir führten diverse Abendfüllende Gespräche mit Johnny, versuchten ihm weiterhin den Rücken zu stärken und daran zu erinnern, dass es sein eigener Wunsch gewesen war und er wusste, dass es ein steiniger Weg würde. Aber wir sahen eben auch, dass es ihm mit dieser Entscheidung, mental wie körperlich zusehends schlechter ging.
…dennoch können sie jederzeit in ihr Nest zurück
Da war der Punkt gekommen, an dem Männe und Ich intervenierten. Wir haben noch vor dem anstehenden Elternsprechtag einen Gesprächstermin mit den Klassenlehrern sowie seiner Integrationsbeauftragten organisiert um gemeinsam mit Johnny zu erörtern wie seine Erfolgsaussichten stünden, welche Probleme er hat und noch bekommen könnte usw. Ohne zu sehr in Detail zu gehen (weil das einfach den Rahmen sprengen würde) gingen wir aus dem Gespräch so raus, das Johnny sich nun doch noch „das Internat“ ansehen wolle. Unser erster Gedanke: „Okay, wir haben mit der Bohne grade die Rolle rückwärts zurück zur Tagesmutter gemacht. Dann machen wir das gleiche eben in Grün zurück zur Förderschule- kein Problem.“
Diese Blase ließ die Integrationsbeauftragte jedoch schnell platzen. Denn Johnny war zu dem Zeitpunkt aus dem Förderschulsystem raus. An dem Berufskolleg wurde zwar sein Behintertenstatus zur Kenntnis genommen, als dort hat er ja keinen Förderschwerpunkt mehr. Diesen müsse er erst zurück erhalten um zurück ins Förderschulsystem zu kommen. Dieser Rückwärtsrolle ist jedoch so ungewöhnlich, dass sogar die Intergrationsbeauftragte an der Stelle erst nochmal recherchieren musste ob dies überhaupt irgendwie Möglich sei.
Wie bekommen wir denn jetzt seinen Förderschwerpunkt zurück?
Drei Wochen später, in denen wir Eltern ebenfalls hin und her telefoniert haben, im Internet nach Möglichkeiten gesucht haben und sogar unser Vitamin B – Familiennetzwerk mit Fragen gelöchert und nach Ideen gesucht haben, wie es jetzt weitergehen könnte, bekamen wir die rettende Antwort beim Tag der offenen Tür vom Förderberufskolleg selbst.
Es ist nämlich völlig egal, ob/welcher Förderschwerpunkt beim Abschluss der 10. Klasse bestanden hat. Es zählt ob ein Förderschwerpunkt in der 8. Klasse bestanden hat.
Warum das so ist? Keine Ahnung. Ist mir aktuell auch völlig egal. Das war unser Ticket zu Johnnys Neustart.
Die Tücken der Bürokratie
Zumindest teilweise. Denn es gibt noch etwas mehr Bürokratie die es zu überwinden gilt und jetzt stellt euch bitte Hugh Grant als singenden und tanzenden Umpalumpa vor denn für das Fachabi dürfen die Schüler maximal 3 Jahre nutzen. Das heißt, es darf 1x eins der beiden Schuljahre wiederholt werden. Danach ist man raus. Egal ob mit oder ohne Fachabi.
Das Fachabi am Förderberufskolleg ist darauf ausgelegt, dass man regulär die vollen 3 Jahre nutzt und als Bonus, haben die Schüler dann direkt eine abgeschlossene theoretische Assistenten Ausbildung inklusive in der Tasche. Eigentlich ne coole Sache, aber Johnny hat ja jetzt schon die ersten Monate der 11. Klasse am Regelberufskolleg besucht. Damit würde ihm in seinem Zeitkontingent fürs Förderberufskolleg ein Schuljahr fehlen.
Also haben wir noch vor Ort, beim Tag der offenen Tür, sämtliche Anmeldebögen ausgefüllt, Daheim die nötigen Anträge ausgefüllt und weggeschickt und Johnny noch vor den Weihnachtsferien aus der 11. Klasse ausgeschrieben damit das erste Halbjahr nicht als beendet anerkannt werden kann. Aber Johnny ist ja nichts desto trotz Schulpflichtig – also wurde er noch am selben Tag in einer „Ausbildungsvorbereitenden Maßnahme“ eingeschrieben, wo er bis zum nächsten Schuljahr die Möglichkeit hat, verschiedene Praktika zu absolvieren und dann die vollen 3 Jahre beim Förderberufskolleg nutzen kann.
Ja, es ist ganz schön verwirrend. Das war es für uns auch und sowohl Johnny als auch wir wurden derweil das ein oder andere Mal, regelrecht überrollt, davon wie schnell wir auf die neuen Informationen Reagieren mussten, damit sich unser Zeitfenster nicht schließt. Aber mittlerweile ist an dieser Baustelle, so gut wie alles in trocknen Tüchern und ich hoffe, dass ich alles soweit verständlich wiedergeben uns ausklamüsern konnte, dass es vielleicht anderen Eltern an gleicher Baustelle helfen kann.
Als Einzelkämpfer wären wir auf verlorenem Posten gewesen
Was ich zum Schluss aber definitiv noch betonen möchte: Das hätte niemals geklappt, wenn wir nicht ein wirklich gutes Netzwerk, aus Integrationshilfe, engagierten Lehrern und auch Familie und Bekannte im Hintergrund gehabt hätten die alle an einem Strang gezogen haben um Johnny in dieser Situation zu helfen und zu Unterstützen.
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