Hallo meine Lieben,
ja es gibt sie, diese Tage an denen man am liebsten alles hinschmeißen würde… diese Tage an denen man nicht weiß, ob man sich mit wachsender Begeisterung den Kopf gegen die Wand schlagen möchte, oder ob man doch einfach in Tränen ausbrechen sollte.
Angefangen hat es mit dem Schulwechsel
Eigentlich dachten wir, wenn der Große nun von der normalen Grundschule auf eine Förderschule, mit spezieller Autismusklasse wechselt würde sicher alles leichter. Für ihn und uns selbst.
- Er hätte dann lediglich noch Montags und Freitags Hausaufgaben, weil er an den anderen Tagen ja erst gegen 16:30h Heim kommt.
- Er könnte trotz seiner Enkopresis (das ist eine Ausscheidungsstörung – weshalb er auch mit fast 9 Jahren weder Urin noch Stuhl bewusst kontrollieren kann und deswegen Windeln tragen muss) mit spezieller Inkontinenzbadehose am Schwimmunterricht teilnehmen.
- Er würde in einem auf seine Bedürfnisse angepasstem Umfeld, wieder mit Freude und Spaß lernen und arbeiten können.
Das waren unsere grob zusammengefassten, rosa-roten Gedanken und im groben lagen wir damit auch gar nicht so falsch. Aber wie so oft im Leben steckt der Teufel im Detail.
Der Große bekam vor dem Wechsel vom Jugendamt Übergangsweise seine Schulbegleitung (eine Schulbegleitung unterstützt das Kind während der Schulzeit z.B. dabei sich auf bestimmte Aufgaben zu konzentrieren, vermitteln zwischen dem Autisten und anderen Personen wenn nötig, die 7 Sachen beisammen zu halten, pflegerisch beim Windelwechsel, sowie wenn nötig auch beim Kleinschneiden des Essens usw.) zum eingewöhnen weiter genehmigt. Jedoch wurde uns auch schon bei dem Gespräch mitgeteilt, dass das Jugendamt auf der neuen Schule dann nicht mehr für ihn zuständig sei und eine weitergenehmigung dann über den Landkreis erfolgen müsse.
Soweit so gut.
Die Antragsstellung
Wir haben uns also bereits während der Sommerferien an den Kreis gewandt, damit wir genug Puffer bis zu den Herbstferien haben würden. Natürlich wurden wir erstmal vertröstet, denn während der Sommerferien würde dort nichts geschehen, wir sollten uns danach nochmal melden. Gesagt, getan.
Wir haben also, wie gewünscht, einen formlosen Antrag an das Amt geschickt und von denen bekamen wir dann Fragebögen, zur Einschätzung seines Bedarfs. In diese sollten wir eintragen warum unser Sohn UNSERER Meinung nach eine Schulbegleitung braucht. Ganz klar:
- Er trägt Windeln und diese müssen gewechselt werden
- Er braucht teilweise Hilfestellung beim Essen, z.B. Fleisch kleinschneiden
- Er braucht jemanden der darauf achtet das er seine Sachen auch alle einpackt
- Er braucht Hilfe dabei sich selbst durch den Alltag und durch Aufgaben zu koordinieren (z.B: erst Windelwechseln dann Händewaschen)
Ein Beispiel aus unserem Badezimmer, eine Schritt für Schritt Anleitung die den normalen „Toilettengang Ablauf“ aufzeigt damit z.b. das Händewaschen nicht vergessen wird.
Nun wurde im Antrag aber natürlich nicht nur nach unserer Einschätzung der Lage gefragt, sondern natürlich auch nach der der LEHRER.
Diese haben in den wenigen Wochen Schule zwischen Sommer- und Herbstferien den Eindruck gewonnen das er die Schulbegleitung tatsächlich nur zum Windelwechsel benötigen würde.
Das genehmigte Kontingent
Dementsprechend hat das Amt uns seit den Herbstferien für jeweils 1 Stunde pro Schultag eine neue Schulbegleitung genehmigt.
Ihr könnt euch sicher vorstellen wie dumm ich aus der Wäsche geguckt habe als ich das Schreiben bekam. Natürlich haben wir sofort bei dem zuständigen Sachbearbeiter angerufen und nachgefragt wie man sich das denn nun vorstelle:
„Soll unser Sohn seine Ausscheidungen nun zeitlich planen?“
„Was ist wenn er kurz nachdem die Begleitung Feierabend macht, in die Windel macht? Soll er dann dadrin sitzen bleiben?“
Man konnte unser Unverständnis verstehen, aber dem Amt seien die Hände gebunden auf Grund der positiven Einschätzung der Lehrer.
Die Folgen für uns
Seit Ende der Herbstferien erwarten mich nun ständig neue Überraschungen.
Meistens in der Form, das wieder irgendwas fehlt.
Mein Sohn hat nicht umsonst ein H für Hilflos im Behindertenausweis stehen. Seine Alltagskompetenzen sind, ohne es böse zu meinen, nicht sonderlich gut ausgeprägt. Wenn ich ihm nicht morgens sage das er seinen Schulranzen mit in die Schule nehmen muss, würde er ohne Ranzen fahren. Nein, das ist nicht übertrieben. Es ist tatsächlich auch schon vorgekommen, mehrmals.
Ein weiteres Beispiel dafür das der Sohnemann im Alltag auf Hilfe angewiesen ist, feinmotorisch ist es ihm nicht Möglich sich selbst die Schuhe zu zu binden.
Seit dem Ende der Herbstferien bin ich eigentlich ständig dabei irgendwelchen Dingen hinterher zu telefonieren/ zu fragen.
Seine Isybe Trinkflasche: „die weiß ich nicht wo ist Mama, die war irgendwann weg“
Mäppchen und Mitteilungsheft: „Ups, die hab ich dann wohl vergessen“
Windelvorrat in der Schule: „Jonas braucht dingend neue Windeln, nur noch 1 da“
Seine Schwimmsachen inkl. der Ergobag Sporttasche: „Entschuldigung Mama, die habe ich wohl irgendwo vergessen.“ -Wo denn?- „das weiß ich auch nicht. Vielleicht in der Schule oder im Bus.“
Jetzt mal ganz ehrlich. Selbst wenn ich nun so gemein wäre zu sagen, dass der Große seine Verluste, (für die er ja eigentlich nichts kann auf Grund seiner Behinderung), von seinem Taschengeld ersetzen sollte. Soviel Taschengeld bekommt (m)ein 9 jähriger nicht. Eine Isybe Flasche kostet ca 10€, da müsste er schon 5 Wochen drauf sparen…
Aber auch ich kann mir nicht ständig neuen Kram aus den Ärmeln schütteln.
Auf Dauer sind seine Verluste echt kostspielig und aufwendig. Denn ihr könnt euch vorstellen, so eine Inkontinenzbadehose bekommt man nicht mal eben im KiK um die Ecke. Diese muss extra für den Schulunterricht via Beschei nigung vom Arzt bei der Krankenkasse beantragt werden. Wenn dieser Antrag genehmigt wird, wird man zu einem Sanitätshaus in der näheren Umgebung geschickt, welche die Hose dann passend für den Popo zuschneidern. Ja, die wird extra angefertigt aus Neopren, damit eben nichts ins Wasser gelangt was dort nicht hin soll. Dieser Spaß dauert Wochen und kostet auch mit Bescheinigung noch ca 30€ Eigenanteil. Erschwerend hinzu kommt natürlich die Tatsache das man diese nicht am laufenden Band genehmigt bekommt. Wenn ich mich nicht irre darf ich eine pro Jahr von der Krankenkasse anfertigen lassen. Danach, müsste ich selbst in die Tasche greifen und die Hose welche knapp 800€ kostet komplett selbst bezahlen.
Jetzt hatte ich das Glück das ich auf Grund vom Wachstumsschub den der Große gemacht hat, eh langsam eine neue beantragen musste.
Aber was mache ich wenn diese auch wieder verloren geht?
Natürlich habe ich schon mit den Lehrern gesprochen, zu Letzt noch letzte Woche, immerhin haben wir 2 Wochen lang versucht seine Schwimmsachen wieder zu finden. Nada. Mann wolle in Zukunft mehr darauf achten.
Ich für meinen Teil, überlege weiterhin, ob ich einfach in Tränen ausbreche und verzweifeln soll, wegen der ganzen zusätzlichen Kosten die mir ins Haus flattern. Oder ob ich doch lieber den Kopf gegen die Wand schlage, über die Absurdität, das die Einschätzung von Lehrern die das Kind zu dem Zeitpunkt des Antrages ca 3 Wochen kannten, ausschlaggebender ist als die der Eltern.
Ela meint
Ach Mensch,
zuallererst drücke ich Dich mal ganz fest. Ich kann nur annähernd erahnen, wie kraftraubenb und nervenzehrend die Situation gerade sein muss 🙁
Ich wünsche Dir von ganzen Herzen, dass demnächst zumindest eine bessere Zusammenarbeit mit den Lehrern entsteht.
Unwissend wie ich zu diesem Thema bin, dachte ich immer, das gerade bei diesen Schulen, ein „Pflegepersonal“ (blödes Wort aber ich weiß grad nicht wie ich das sonst ausdrücken soll), vorhanden ist, die die Lehrer UND Schüler im Schulalltag unterstützen.
Ich hoffe Du hälst weiterhin durch, ohne zu sehr zu verzweifeln, auch wenn es schwer fällt.
Mehr als tröstende Worte habe ich leider nicht, da ich mich in diesem Bereich absolut nicht auskenne und nicht weiß was ich Dir raten kann 🙁
Gibt es evt. Organisationen die Dich für einen erneuten Antrag unterstützen könnten?
LG Ela
Influ meint
Huhu Ela,
prinzipiell bist du mit deiner Vermutung bzgl. der Pflegekräfte in den Förderschulen auch gar nicht so falsch. Auf Schulen deren Schwerpunkt auf köperlich Behinderte Kinder liegt gibt es auch festes Pflegepersonal für die Schüler. Der Förderschwerpunkt meines Sohnes liegt jedoch im Autismus, dies ist eine sogenannte „Emotional soziale Behinderung“ und in diesem Bereich bildet mein Sohnemann mit seiner zusätzlichen Ausscheidungsstörung dann scheinbar die Ausnahme…
Klar, gibt es Organisationen. Zum Beispiel die Lebenshilfe bei der wir wöchentlich zur autismusspezifischen Frühförderung sind. Unsere dortige Heilpädagogin ist ein Traum, ohne sie würde hätten wir heute noch keinen Behindertenausweis oder gar eine Pflegestufe.
Aber in unseren Fall liegt es tatsächlich nur an der Einschätzung der Lehrer die eben der Meinung sind, dass der Große das auch alles prima alleine schaffen würde.
Liebe Grüße und danke für die lieben Worte <3
Ela meint
Ach man, ich hoffe das die Lehrer noch einmal gründlich darüber nachdenken und einlenken und ihr dann eine, für beide Seiten akzeptable Lösung findet …
Mir wäre Deine Antwort fast untergegangen weil ich dachte, ich hätte den Kommentar abonniert, dann aber gar nicht benachrichtigt wurde …
LG und ein dennoch hoffentlich erholsames Wochenende,
Ela
Influ meint
Wir haben nun jedenfalls für morgen einen Termin in der Schule, zusammen mit den Lehrern und dem Schulleiter.
Du darfst uns also gerne die Daumen drücken 🙂
Bee meint
oho…. diesen Wunsch kann ich sehr gut nachempfinden. Ich wünsche, dass du eine Lösung für dich und deinen Sohn findest. Meine Tochter hat ADHS und bei ihr bestand ein Verdacht auf Asperger-Autismus, daher bin ich da so ein bisschen im Thema. Wir haben ebenfalls schon einen Schulwechsel hinter uns und auch jetzt auf dem Gymnasium ist es schwierig für sie – trotz der Intelligenz. Ihr fehlt leider die Fähigkeit sozial zu interagieren.
Zu Lehrern kann ich hier sehr lange Geschichten erzählen. Es gibt tolle, engagierte und welche, die keine Lust haben und sich vor jeder Art von neben der Norm fernhalten. Enttäuschung empfinde ich nicht mehr. Ich gehe, wenn es mir nicht passt. Auch die übergeordneten Stellen sprich Schulamt, da kann man Glück haben oder nicht (leider sehr häufig). Schlimm ist, dass man so drauf angewiesen ist.
Alles Liebe, Bee
Influ meint
Es ist einfach immer wieder unglaublich nervenaufreibend.
Ursprünglich wollten wir den Großen ja direkt auf eine Schule mit dem Schwerpunkt körperlich/motorisch anmelden. Da er dort aber auch mit geistig zurückgebliebenen in eine Klasse gegangen wäre, hatte man Angst das er schnell unterfordert sein würde.
Somit haben wir ihn Autismusspezifisch beschulen lassen, aber da klappt es scheinbar mit der Pflege nun nicht 100% .
Nunja, morgen haben wir einen Termin bei den Lehrern und dem Schulleiter. Also Däumchen drücken das diese dann einlenken zum Thema Schulbegleitung.
Liebe Grüße
Mimi Sunshine meint
Dein Post macht einen sehr traurig, aber auch wütend. Wütend auf die Ämter, die es nicht hinbekommen einem die Hilfe zur Seite zu stellen, die mach braucht. Dafür wir auf der anderen Seite Geld für Dinge ausgegeben, wo man sich fragt, ob das wirklich so notwendig ist.
Dir und deiner Familie wünsche ich ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen. Kämpft weiter, das Amt muss es einsehen, dass dein Sohn die Begleitung braucht und dann werden sie diese auch hoffentlich bald genehmigen.
Ich wünsche euch alles Gute
Liebe Grüße
Mimi
Influ meint
Huhu,
ja, es ist zeitweise wirklich nervenaufreibend. Man muss für jeden Pups kämpfen. Es fängt schon damit an, dass wir mit einem Gehalt auskommen müssen, weil ich dadurch das ich 24/7 abrufbereit sein muss, falls er von der Schule abgeholt werden muss oder ähnliches nicht arbeiten gehen kann.
Wenn ich dann sehe das irgendwelche völlig sinnlosen Brücken mitten ins Nirgendwo gebaut werden, oder ein Zebrasteifen 5m neben einen anderen Zebrasteifen angelegt wird mit supertoller LED Beleuchtung für mehrere Tausend Euro, da denke ich mir schon immer, das ich deutlich sinnvolleres mit dem Geld anzustellen gewusst hätte.
Liebe Grüße